Die Galerie Rüdiger Schöttle präsentiert die zweite Einzelausstellung von Helene Appel. In ihren neuen Werkgruppen wird die Malerei weiterhin um ihre technischen Möglichkeiten und Grenzen hin untersucht. Als Motiv dienen ihr Vorbilder aus der Natur. Es sind lebensgroße, ausschnitthafte Baumstämme entstanden. Flammenartig angeordnete Farben flackern über die Leinwand und werden durch Wasserstellen ins abstrakte aufgelöst, Erdklumpen durchlöchern und zerbröseln sich auf der Leinwand, Äste oder Steine auf Sand bestechen durch ihre dreidimensionale und realistische Wirkung. Erkennungsmerkmal bleibt die rohe Leinwand und die maßstabsgetreue Darstellung. Die Künstlerin nähert sich akribisch genau der Materialität und Feinheit ihrer Modelle, die beim Malprozess in der Regel 1:1 vor ihr liegen.
Aktuell arbeitet Helene Appel daran krümelige Erde zu malen, deren Boden sich partiell auflöst. Eine erste kleinformatige Werkstudie dazu ist in der Ausstellung zu sehen. Dicke Erdklumpen, an der Oberfläche trocken, in der Tiefe noch feucht, scheinen die Bildfläche zu bilden. À la Lucio Fontana schneidet sie Löcher in den Bildträger, teilweise bis an den Rand des Keilrahmens, was den Eindruck vermittelt, dass sich unter der Erde etwas geheimnisvolles aufdeckt. Der Bildraum wird einerseits erweitert, andererseits trifft der Schatten hinter den Löchern farblich den Ton der Erde, sodass man zweimal hinsehen muss, um zu erkennen ob sich das Loch wirklich in der Leinwand oder in der Erde auf dem Bild befindet.
Gekonnt lotet Helene Appel nicht nur die Balance zwischen figurativer und abstrakter Malerei aus, sie verschafft ihren Modellen eine räumliche Präsenz. So auch bei dem im Treppenhaus ausgestellten Baumstamm. Hier löst sich das Objekt nahezu komplett von der Leinwand, da der Baumstamm bis zu seinem Rand ausgeschnitten wurde. Wie eine dreidimensionale Silhouette scheint er im Raum zu schweben und wirkt skulptural.
Ganz im Sinne von Lucio Fontana muss sich auch für Helene Appel die Malerei immer wieder neu erfinden und ihren Platz in der jeweiligen Zeit finden. Gerade in einer Zeit, in der wir uns immer mehr in einer virtuellen und digitalen Welt bewegen, sehnen wir uns nach greifbaren und erfahrbaren Momenten aus der Wirklichkeit. Dabei helfen uns Helene Appels Darstellungen von Objekten aus unserer natürlichen und alltäglichen Umgebung. Das kontemplative Element und die Präsenz durch das detailhafte bringt Ruhe in unsere vollen Köpfe und gehetzten Körper.
Helene Appel (*1976 in Karlsruhe) hat an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und am Royal College of Art in London Malerei studiert. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Werke waren zuletzt im CCA Andratx auf Mallorca zu sehen, wo sie 2019 als Artist-in-Residence war. Ihre Werke werden international ausgestellt und befinden sich beispielsweise in der La Gaia Collection, Busca (Italien), dem Moenchehaus Museum Goslar oder der Olbricht Collection, Berlin. Aktuell hat sie einen Lehrauftrag für Malerei an der HBK Braunschweig.
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