Farbschleier, die sich in dezenten Nebeln auftun, geometrische Rasterstrukturen, die sich filigran in den Bildraum einschreiben sowie figurative Bildelemente, die schwerelos über die Leinwandfläche verstreut sind: Sophie Reinholds Gemälde vereinen kontrastierende Gestaltungsweisen, die in ihrer Zusammenstellung ein wohlklingendes Ganzes und eine kontemplative Stimmung erzeugen.
Die Berliner Künstlerin behandelt in ihrer Malerei das Ringen von Präsenz, Strahlkraft und starker Expression mit Verhüllung, Tarnung und Leere. Die Ausformungen dieser beiden Wirkungsweisen bedingen sich gegenseitig. Ohne ein Verbergen und Überlagern, ohne eine Zurücknahme an Ausdruck, kann die Essenz eines solchen nicht tiefer erkannt und verstanden werden. Es ist ein gleichzeitig notwendiges Gegengewicht, das sich bei Reinhold im Prozess der Bildgestaltung über einen längeren Zeitraum entwickelt und das schließlich als Kondensat lesbar ist. Die sorgfältige Arbeit an der Herausschälung der sich widerstrebenden Kräfte und an den in Einklang bringenden Komponenten ist in den Gemälden in Öl und Marmormehl deutlich erkennbar. Schicht um Schicht wird auf das Bild aufgetragen und an vielen Punkten wieder abgeschliffen. Der erzielte Effekt sind eine Tiefe und Sublimität, die den Betrachter unmittelbar tangieren und inne halten lassen.
Nicht nur die Malerei an sich erzeugt über die gesamte Fläche der Leinwand ein Spiel mit Sichtbarmachung und Dominanz im Gegensatz zum Nichtausgefülltsein und zur Zurückhaltung. Auch im Innern des Menschen sind diese Kräfte wirksam und können daher sowohl auf geistiger als auch körperlicher Ebene nachvollzogen werden. So ist die Willenskraft des Egos und das Streben nach Ausweitung seiner Position beim gleichzeitigen Wunsch, sich zu verstecken, zu verbergen und sich abzusondern ein gängiges Phänomen. Reinhold führt uns dieses Spiel, dieses Ringen, in einer ganz eigenen Art und Weise vor Augen. Und sie liebt die verletzlichen Geschöpfe in ihren Bildern - Menschen, die zeitgleich kämpfen und weglaufen, schreien und verstummen, sich zeigen und verstecken, die lieben und hassen. Sie gibt ihnen mit reduzierten Mitteln und ohne der Darstellung ihrer vollen Körperlichkeit eine ahnungsvolle Bühne, voller Witz und Charme. Und manchmal ist von den Geschöpfen nur mehr eine Aura da, der Nachhall ihrer Energie.
Sophie Reinhold (geboren 1981 in Berlin) hat in der Klasse von Antje Majewski an der KHB (Kunsthochschule Weißensee) in Berlin studiert, zuvor bei Amelie von Wulffen an der Akademie der bildenden Künste in Wien sowie an der HGB in Leipzig. 2012 war sie Villa Romana Preisträgerin verbunden mit einem Arbeitsaufenthalt in Florenz. Im Jahr 2017 war sie Gastprofessorin an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. In diesem Jahr wird sie von der Galerie Rüdiger Schöttle unter den New Positions auf der Art Cologne gezeigt. (S. Kunz)
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