Toulu Hassanis zweite Einzelausstellung in der Galerie Rüdiger Schöttle vereint ihre beiden methodischen Schwerpunkte - die filigrane Ölmalerei auf Leinwand sowie Bildobjekte aus Kunstharz. Ein ausgeprägtes Interesse daran, wie die Menschheit durch Theorien und Modelle versucht, die Welt zu deuten und darzustellen, ist dabei den Arbeiten eigen und in ihnen lesbar. Wie lässt sich das unverbundene und unerklärliche Nebeneinander von Ereignissen begreiflich machen und welche zugrundeliegende Ordnung hält die Welt zusammen? Der unermüdliche Drang der Wissenschaft, die Welt im Kleinsten und im Größten zu erfassen und zu beschreiben, fasziniert Hassani. So erkennt man in ihren Arbeiten stets eine äußerste Genauigkeit in der Umsetzung als auch die vorangehenden akribischen Versuchsprozesse, in denen Material, Farbe, Papier oder Form getestet werden.
Die typischen Malereien in Variationen von Strukturen, die sich über die gesamte Leinwand bewegen und das Auge des Betrachters vergebens nach Anfang, Ende, Mitte und Systematik suchen lassen, werden in den neuesten Arbeiten gekonnt aufgegriffen. Miniaturhafte Treppenformen werden nun zudem in sich gedreht, man fühlt sich an Darstellungen von Helixen erinnert. Es sind wissenschaftliche Thesen und ihre Abstraktionen der Wirklichkeit aus dem Mikrobereich als auch beispielsweise physikalische Interpretationsansätze wie Gravitationsfelder und Feldlinien oder auch die Kartographie, die den Arbeiten von Hassani eine Inspirationsquelle bieten. Themenfelder wie die Thermodynamik oder die Raum-Zeit-Krümmung und ihre entsprechenden Bild- und Rechensprachen in Form von Dichteverteilungen oder Matrizen sind Varianten, die Welt und den Kosmos in abstrahierten Formeln und Illustrationen zu beschreiben. Die wissenschaftlichen Ansätze und Modelle werden von Hassani freilich insofern aufgegriffen als dass sie sie mit ihren eigenen formalen Konzeptionen weiterentwickelt und dabei keine Beweisführungen verfolgt, sondern das, was nicht zu erwarten ist, in den Fokus rückt. Ihre Werke wollen keine Welt erklären, sie wollen sie um ihrer selbst willen ergänzen und für sich selbst stehen.
Toulu Hassani studierte an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig unter anderem als Meisterschülerin von Walter Dahn. 2014 war sie als Stipendiatin des International Studio & Curatorial Program (ISCP) in New York. 2016 wurde sie als „New Position“ auf der Art Cologne gezeigt und in Begleitung einer Einzelausstellung im Sprengel Museum Hannover wurde ihr der Sprengel-Preis für Bildende Kunst der Niedersächsischen Sparkassenstiftung verliehen. 2017 hatte sie eine Einzelausstellung in der Rudolf-Scharpf Galerie im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen. (S. Kunz)
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